Dienstag, 23. Juni 2015

Widerruf bei Darlehensverträgen - BGH darf nicht über Verwirkung des Widerrufsjokers entscheiden


Die Spannung war groß ----- *TROMMELWIRBEL*

für heute hatten wir eigentlich eine wichtige Entscheidung des BGH erwartet:

In den Fällen, in denen sich Kunden auf die Fehlerhaftigkeit von Widerrufsbelehrungen in Darlehensverträgen berufen und deshalb die Rückabwicklung und / oder den Ausstieg aus ihren (meist Immobilien-) Krediten begehren, gilt es  beim sog. "Widerrufsjoker" zwei Hürden zu nehmen.

Die erste Hürde ist überwunden, wenn die Belehrung falsch ist und sich die Bank nicht auf die Schutzwirkung des Musters berufen kann. Dies ist nach Einschätzung der Verbraucherzentralen  bei ca. 80% der in den Jahren 2002 - 2010 verwendeten Widerrufsbelehrungen der Fall.

Die zweite Hürde ist schwieriger: da die Verträge meist vor etlichen Jahren abgeschlossen wurden, berufen sich viele Banken auf "Verwirkung" und "Rechtsmissbrauch". Der Kunde habe schließlich viele Jahre den Vertrag erfüllt und könne ich jetzt nicht mehr wegen einer reinen Formalie vom Vertrag lösen, zumal  die Bank auf die Durchführung des Vertrages vertraut habe.

Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte hierzu ist unübersichtlich und uneinheitlich -aber heute sollte der BGH laut der Pressemitteilung 76/2015 erstmals Gelegenheit haben, sich zu diesem Thema zu äußern.

Am Freitag, also  vier Tage vor dem heutigen Termin, wurde die Presseerklärung 102/2015 veröffentlicht: die Kläger (Kunden)  haben die Revision zurück genommen. Warum, weiß man nicht. Natürlich ist es das "gute Recht" der Kläger, das Rechtsmittel zurück zu nehmen - es steht zu vermuten, dass man sich außergerichtlich geeinigt hat.

Für viele andere Kläger wäre dieses  Urteil aber wichtig gewesen, egal, wie es gelautet hätte.  Das Prozessrecht gibt dem BGH leider keine Möglichkeit, sich zu den Rechtsfragen zu äußern -  bis ein anderer Fall den Weg vor das höchste deutsche Zivilgericht findet. Wann das sein wird, ist nicht absehbar - hoffentlich bald.  Jetzt müssen wir also weiter warten.......

Donnerstag, 18. Juni 2015

Erbrecht - die Top-Ten der größten Missverständnisse

Gestern Abend war ich zu Gast auf einer Veranstaltung, zu der eine  Bank ihre (wohl) wohlhabenderen Kunden eingeladen hatte. Gediegener Veranstaltungsort, gut temperierter Wein, leckere Häppchen - alles prima. Das Diskussionspodium war  mit Anwälten, Notaren und Steuerberatern (männlich und weiblich) kompetent besetzt.

Die Podiumsteilnehmer gaben ein paar grundsätzliche Statements ab, dann war reichlich Gelegenheit für die Gäste, Fragen zu stellen. Und dann kam es über mich - das Grauen.....Das Grauen darüber, wie viele Irrtümer bzw. Halbwahrheiten in den Köpfen vieler herumgeistern. Fehlvorstellungen, die viel, viel Geld "kosten" bzw. den letzten Willen der (jetzt noch) potenziellen Erblasser vollkommen zunichte machen können.

Hier also die "Top-Ten" der größten Missverständnisse (nicht nur am gestrigen Abend):

1.  Meine Frau und ich haben keinen Ehevertrag, also gehört ihr ja eh die Hälfte, da muss sie nur noch die andere Hälfte erben.

2. Mein Ehepartner wird automatisch Alleinerbe,  jedenfalls dann, wenn wir keine Kinder haben.

3. Die Erbschaftssteuer frisst doch eh alles auf.

4. Egal, wo ich sterbe - ich bin deutscher Staatsbürger, es gilt deutsches Recht.

5. Ich kann auch meinen Hund (Katze, Maus) alles vererben - liest man ja immer wieder in der Zeitung, dass die Promis das  machen.

6. Wenn ich mich von meinen Ehepartner trenne, wird das Testament automatisch unwirksam.

7. Das "Berliner Testament" kann nicht mehr geändert werden.

8. Was ich vor meinem Tod verschenke, geht meine Kinder doch nichts an.

9. Wenn mein Sohn / meine Tochter mich nicht ordentlich pflegt, wird er / sie enterbt und dann bekommt er/sie gar nichts.

10. Wenn die Erben erst einmal geerbt haben, können sie mit dem Vermögen machen, was sie wollen.


Diese Liste ließe sich noch reichlich erweitern, aber ich will es dabei belassen. Ich kann jedem nur ans Herz legen, sich entsprechend beraten zu lassen - und zwar nicht erst, wenn es um "viel" Geld (was immer man darunter verstehen mag) geht. Manchmal kommt es dem Erblasser auch einfach nur darauf an, dass der geliebte Wauwi nach dem Tode gut versorgt wird. Das kann durch ein Testament erreicht werden, allerdings nicht so, wie es in Ziffer 5 zu lesen ist.

Und wenn am Ende der Beratung die Erkenntnis steht, dass man kein Testament braucht, weil die gesetzlich vorgesehenen Regeln genau die Situation herbei führen, die man wünscht - dann hinterlässt doch auch diese Erkenntnis zumindest ein beruhigendes Gefühl. Was auf jeden Fall vermieden wird: dass Menschen in den Genuss des Nachlasses kommen, denen der Erblasser nicht oder nicht in der Höhe bedenken wollte.